Kriminelle Gutachten (§§ 203, 278 StGB)

Das monokausale Denken , das "die" Ursache für eine Krankheit sucht, aber doch im tatsächlichen Denken - auch vieler Forscher - überlebt gilt schon seit VERWORN (1912) erkenntnistheoretisch als überholt (vgl. NORDENFELT/LINDAHL 1984, OLSEN 1993). Solch monokausales Denken schleicht sich insbesondere über Denkfiguren wie 'eigentliche' oder 'wesentliche' Ursache wieder ein, und dominiert insbesondere das juristische Denken (WOITOWITZ 1985).

"Aus einem komplexen Bedingungsgefüge werden für eine Untersuchung jeweils nur sehr begrenzte Phänomene herausgegriffen und miteinander in Beziehung gesetzt.Die Komplexität der Wirklichkeit wird auf ein Einfachmodell reduziert, bis hin zu monokausalen Einfachst-Modellen. Diese Komplexitätsreduktion kann unterschiedlich sinnvoll erfolgen, was sich in der Regel nur vom inhaltlichen Zusammenhang,nicht aber von der Methode her beurteilen lässt"
(Rolf Rosenbrock, Werner Maschewsky, Veröffentlichungsreihe der Arbeitsgruppe Public Health Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung ISSN-0948-048X P98-205 Präventionspolitische Bewertungskontroversen im Bereich ‘Umwelt und Gesundheit'
Berlin, Mai 1998)

Das Herausgreifen einzelner Vorgänge, Verdachtsmomente und negativer, meist nebensächlicher Elemente gehört zur Kunst der Anspruchsabwehr, die vor allem dann benötigt wird, wenn ein schlüssiges, anspruchsbejahendes Gutachten vorliegt. Zur Klagabweisung reicht ja das Streuen begründeter Zweifel aus. Manche Sozialgerichte beauftragen grundsätzlich solche Abwehrgutachter, um sich diese Zweifel vom Gehilfen vorformulieren zu lassen. Zur Begründung von Zweifeln bedarf es weniger Aufwand als zur wissenschaftlichen Aufarbeitung eines Zusammenhanges, es reichen konträre Literaturzitate aus.