Plausibilitätsverfahren, Abrechnungsfehler EBM
Plausibilitätsprüfung und Regressbescheid, Berichtigung der Nr. 03001 EBM, Widerspruchsverfahren 2008
Die KV warf der Vertragsärztin vor, bei den letzten vier Quartalsabrechnung die Nr 03001 abgerechnet zu haben ohne dass deren Voraussetzungen der schweren chronischen Erkrankung und die Bezugsperson des Kranken nachgewiesen waren.
Sie berechnete den Regressanspruch mit 20 % sämtlicher abgerechneter 03001 Ziffern.
Im Widerspruchsverfahren brachte die Vertragsärztin vor, sie habe richtig abgerechnet, aber in vielen Fällen die Codierung falsch bezeichnet, weil sie aufgrund der Übernahme einer Praxis auch die Codierung erst im Verlauf des Erscheinens der Patienten in der Praxis - EDV eingeben bzw. berichtigen konnte, und viele der übernommenen Daten falsch waren. Ferner reichte sie für alle beanstandeten Fälle die zur Abrechnung der Ziffer notwendigen Bezugs- und Kontaktpersonenangaben nach.
Der Plausibilitätsausschuss half dem Widerspruch ab und hob den Ausgangs- und Regressbescheid auf. Zur Begründung führte der Plausi-Ausschuss aus, dass die Vertragsärztin die erforderlichen Leistungsinhalte nachträglich begründet und dies daher erfüllt hat. Der mit Honorabescheid vom .... belastete Betrag wird daher mit dem nächstmöglichen Bescheid zurückerstattet, und hierauf eine Vorauszahlung iHv. ..... Euro veranlasst.
Der Ausschuss wies jedoch darauf hin, dass erst im Widerspruchsverfahren nachgereichte Diagnosen aufgrund der Rechtspflicht der Vertragsärzte zur vollständigen Abrechnung grundsätzlich keine Berücksichtigung finden müssen.
Die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts waren nicht erstattungsfähig, da es sich um rein medizinische Fragen handelte, die im Widerspruchsverfahren von einer erfahrenen Fachärztin auch ohne rechtlichen Beistand zu bewältigen waren. Die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwaltes sei daher zu verneinen.
Die KV warf der Vertragsärztin vor, bei den letzten vier Quartalsabrechnung die Nr 03001 abgerechnet zu haben ohne dass deren Voraussetzungen der schweren chronischen Erkrankung und die Bezugsperson des Kranken nachgewiesen waren.
Sie berechnete den Regressanspruch mit 20 % sämtlicher abgerechneter 03001 Ziffern.
Im Widerspruchsverfahren brachte die Vertragsärztin vor, sie habe richtig abgerechnet, aber in vielen Fällen die Codierung falsch bezeichnet, weil sie aufgrund der Übernahme einer Praxis auch die Codierung erst im Verlauf des Erscheinens der Patienten in der Praxis - EDV eingeben bzw. berichtigen konnte, und viele der übernommenen Daten falsch waren. Ferner reichte sie für alle beanstandeten Fälle die zur Abrechnung der Ziffer notwendigen Bezugs- und Kontaktpersonenangaben nach.
Der Plausibilitätsausschuss half dem Widerspruch ab und hob den Ausgangs- und Regressbescheid auf. Zur Begründung führte der Plausi-Ausschuss aus, dass die Vertragsärztin die erforderlichen Leistungsinhalte nachträglich begründet und dies daher erfüllt hat. Der mit Honorabescheid vom .... belastete Betrag wird daher mit dem nächstmöglichen Bescheid zurückerstattet, und hierauf eine Vorauszahlung iHv. ..... Euro veranlasst.
Der Ausschuss wies jedoch darauf hin, dass erst im Widerspruchsverfahren nachgereichte Diagnosen aufgrund der Rechtspflicht der Vertragsärzte zur vollständigen Abrechnung grundsätzlich keine Berücksichtigung finden müssen.
Die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts waren nicht erstattungsfähig, da es sich um rein medizinische Fragen handelte, die im Widerspruchsverfahren von einer erfahrenen Fachärztin auch ohne rechtlichen Beistand zu bewältigen waren. Die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwaltes sei daher zu verneinen.
- Abrechnungsfehler und nachträgliche Korrektur vor Gericht ?
Sozialgericht Marburg
Urteil (Auszug)
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Gerichtskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.460,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Berücksichtigung der Einnahmen durch die sog. Praxisgebühr in den beiden Quartalen III und IV/04.
Der Kläger ist als Arzt für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 05.01.2005 für das Quartal III/04 setzte die Beklagte das Nettohonorar auf 19.285,05 Euro und den Honoraranspruch aus Zuzahlung gemäß § 28 Abs. 4 SGB V "Praxisgebühr" auf brutto 2.950,00 Euro fest.
Hiergegen legte der Kläger am 19.04.2005 Widerspruch ein. Er führte aus, nach seinen Unterlagen hätten nur 190 Patienten anstatt der von der Beklagten berücksichtigten 295 Patienten die Praxisgebühr bezahlt. Die Ursache hierfür sei am ehesten ein Fehler der Praxis, da die Ziffern 8032 und 8033 nicht eingegeben worden seien. Er legte eine Liste der Patienten vor, auf der er die Patienten, die nicht gezahlt hatten, kennzeichnete.
Mit Honorarbescheid vom 16.04.2005 für das Quartal IV/04 setzte die Beklagte das Nettohonorar auf 23.970,91 Euro und den Honoraranspruch aus Zuzahlung gemäß § 28 Abs. 4 SGB V "Praxisgebühr" auf brutto 3.500,00 Euro fest.
Hiergegen legte der Kläger am 06.06.2005 Widerspruch ein. Er führte aus, es hätten nur 209 Patienten anstatt der von der Beklagten berücksichtigten 350 Patienten die Praxisgebühr bezahlt. Er wies erneut darauf hin, dass die Ursache hierfür am ehesten ein Fehler der Praxis sei, da die Ziffern 8032 und 8033 nicht eingegeben worden seien. Er reichte ebenso wieder entsprechende Patientenlisten ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2006, dem Kläger am 25.07.2006 zugestellt, wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach den gesetzlichen Bestimmungen bringe sie die Praxisgebühr vom Honoraranspruch in Abzug, sofern kein Tatbestand vorliege, der den Versicherten von der Zuzahlungspflicht befreie. ..................
Mit der Sammelerklärung/Quartalserklärung bestätige der Arzt die Richtigkeit und Vollständigkeit. Eine Korrektur sei innerhalb von sechs Wochen möglich. In Ausnahmefällen könne diese Frist verlängert werden. Aufgrund der ausreichenden Information könne eine Ausnahme nicht gemacht werden.
Hiergegen hat der Kläger am 15.08.2006 Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, es treffe zu, dass die Ärzte informiert worden seien. Ihm sei leider nicht klar geworden, welche finanziellen Auswirkungen die Einführung der Pseudoziffer 8032 habe. Auch die notwendige Umstellung der EDV sei ihm nicht klar gewesen. Zuzahlungsbefreite Patienten seien erst im Quartal II/04 gekommen. Da habe die Beklagte nicht mehr informiert. Innerhalb der Fristen habe er keine Informationen bekommen. Die Abrechnungsstatistiken seien erst später gekommen. Es gehe ihm nur noch um die Pseudoziffer 80032. Er verzichte ausdrücklich auf die Differenz, die bei der Nichtspeicherung der Ziffer 80033 sowie wg. der "Nichtzahler" entstanden sei. Für ihn sei es eine Sache der Gerechtigkeit.
Die Beklagte verweist auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, Korrekturen könnten grundsätzlich nicht rückwirkend berücksichtigt werden. Die Fristen in ihrem HVM seien abgelaufen gewesen. Es obliege dem Kläger, vor Abgabe der Abrechnung zu überprüfen, ob die zur Abrechnung eingereichten Leistungen richtig und vollständig angegeben worden seien.
.........
Entscheidungsgründe:
........
Die Klage ist zulässig. Sie ist aber unbegründet.
Es ist eine der grundlegenden Pflichten jedes Vertragsarztes, die erbrachten Leistungen peinlich genau abzurechnen, weil die korrekte Abrechnung von der KV angesichts der Vielzahl der von ihr in jedem Quartal zu bewältigenden Datenmengen nur in eingeschränktem Umfang überprüft werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 24.11.1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 (juris Rdnr. 22); BSG, Urt. v. 25.10.1989 - 6 RKa 28/88 - BSGE 66, 6, 8 = SozR SozR 2200 § 368a Nr 24 )juris Rdnr. 15); BSG, Urt. v. 08.07.1981 – 6 RKa 17/80 - USK 81172 (juris Rdnr. 31)). Der Grundsatz der peinlich genauen Abrechnung gilt unabhängig davon, ob die Abrechnung auf manuellem Wege oder mittels elektronischer Datenträger erfolgt. Auch wenn sich der Vertragsarzt im zweiten Fall entsprechender Abrechnungsprogramme bedient, entlastet ihn dies nicht davon, sich vor Weiterleitung der Diskette an die KV wenigstens anhand von Stichproben zu vergewissern, dass die dort enthaltenen Angaben frei von Fehlern sind, unabhängig davon, ob diese auf eigenen Falscheingaben oder auf Mängeln der benutzten Software beruhen (vgl. LSG Niedersachsen, Beschl. v. 17.02.2005 - L 3 KA 218/04 ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.01.1997 - L 11 Ka 74/96 - NZS 1997, 384, 386).
Der Arzt hat daher mit Abgabe der Abrechnung in einer Sammelerklärung/Quartalserklärung zu bestätigen, dass die zur Abrechnung eingereichten Leistungen nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen sowie nach den Vorgaben des Honorarverteilungsmaßstabs erbracht worden sind, notwendig waren und die eingereichte Abrechnung sachlich richtig und vollständig ist (LZ 601 Satz 4 HVM).
........ Die Kassenärztliche Vereinigung muss (...) gewährleisten können, dass prinzipiell alle Leistungen eines Quartals rechtzeitig abgerechnet und von derartigen Steuerungsinstrumenten erfasst werden. Hierfür müssen Anreize zur Verlagerung von Abrechnungen in Folgequartale, ......, vermieden werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur gestattet, sondern sachlich geboten, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass alle vertragsärztlichen Leistungen eines Quartals weitestgehend aus den für dieses Quartal von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen honoriert werden. Die Ausgestaltung von Abrechnungsfristen als materielle Ausschlussfristen ist zur Erreichung einer möglichst zügigen, zeitgerechten und vollständigen Verteilung der Gesamtvergütung grundsätzlich geeignet. Fristen für die Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen dienen umso mehr einer schnellen und umfassenden Honorarverteilung, je weniger Ausnahmen sie zulassen.
Auf der anderen Seite können von Ausschluss-fristen erhebliche Wirkungen für den Vergütungsanspruch des Vertragsarztes ausgehen. Vertragsärzte, die auf Grund eines Versehens oder einer möglicherweise nicht sofort erkennbaren Störung im elektronischen Übermittlungssystem oder in der praxiseigenen Software einen größeren Teil ihrer Abrechnungen nicht zu dem von der Kassenärztlichen Vereinigung gesetzten Termin vorlegen, laufen Gefahr, keinerlei Vergütung ihrer vertragsärztlichen Leistungen zu erhalten.....
Das billigenswerte Ziel möglichst frühzeitiger, zu einem einheitlichen Zeitpunkt abgeschlossener Abrechnungen der vertragsärztlichen Leistungen rechtfertigt und fordert eine rigide und vor allem kurze Ausschlussfrist nicht (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 19 = SGb 2006, 370, juris Rdnr. 21 - 25). Sachgerechterweise kann die nachträgliche Korrektur von bereits vorgelegten Abrechnungsscheinen ausgeschlossen sein (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R – aaO., Rdnr. 26).
Ausgehend hiervon ist § 6 LZ 601 Satz 7 HVM nicht zu beanstanden.
§ 6 HVM sieht ein abgestuftes System für die Fälle verspäteter Abrechnung vor. Zunächst wird von der Beklagten ein Termin zur Abrechnung festgelegt (LZ 601 Satz 1 HVM), der in der Regel etwa 10 Tage beträgt. Korrekturen können noch innerhalb von sechs Wochen nach Ende eines Abrechnungsvierteljahres eingereicht werden (LZ 601 Satz 7 HVM), also etwa innerhalb eines Monats nach Ende der Einreichungsfrist. In begründeten Ausnahmefällen kann diese Frist verlängert werden (LZ 601 Satz 8 HVM).
Soweit es jedenfalls wie hier nicht um das gänzliche Fehlen einer Abrechnung, sondern lediglich um die Korrektur bereits abgerechneter Behandlungsfälle geht, ist dieses abgestufte System nicht zu beanstanden. Eine teilweise Unrichtigkeit der Abrechnung ist gegenüber dem Fehlen oder dem Ausschluss der gesamten Abrechnung von geringerem Gewicht. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung, die ausschließlich im Verantwortungsbereich des die Abrechnung einreichenden Arztes liegt, ist auch von der Verspätung einer Einreichung der gesamten Abrechnung zu unterscheiden (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 09.11.2005 – S 12 KA 28/05 – juris = www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Nach den genannten Abrechnungsregelungen ist die Korrekturfrist nur in "begründeten Ausnahmefällen" zu verlängern. Es kann hier dahinstehen, ob hierbei ausschließlich Fälle höherer Gewalt zu verstehen sind. Jedenfalls reicht ein schlichtes Versehen, Vergessen oder fehlerhaftes Abrechnen nicht aus. Der Vertragsarzt kann sich dabei wegen des Gebots der peinlich genauen Abrechnung auch nicht darauf berufen, bei dem eingesetzten Personal handele es sich um ein bisher stets zuverlässig gewesenes Personal und er sei seinen Überwachungspflichten wenigstens durch stichprobenartige Kontrollen nachgekommen. Delegiert er die Abrechnung, so muss er sich das Handeln der Mitarbeiter insoweit als eigenes Handeln bzw. eigenes Verschulden zurechnen lassen. Erst wenn ein "begründeter Ausnahmefall" vorliegt, ist Raum für weitere Ermessenserwägungen der Beklagten. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass damit der Vertragsarzt für "seine Sphäre" einzustehen hat, also insbesondere für sein Personal als auch für die von ihm beschaffte Abrechnungssoftware. Dies ist auch interessengerecht, da der Vertragsarzt es in der Hand hat, welches Personal er einstellt und wie er dieses überwacht bzw. er die entsprechende Software und deren Anbieter als Vertragspartner auswählt. Gerade bei einer fehlerhaften oder unzureichenden Software werden, je nach Vertragsvereinbarung, auch möglicherweise Haftungsansprüche gegenüber dem Anbieter der Software bestehen.
Der Kläger hat bereits im Widerspruchsverfahren sich dahingehend eingelassen, Ursache sei am ehesten ein Fehler der Praxis, da die Ziffern 8032 und 8033 nicht eingegeben worden seien. .... Die Richtigkeit der Eingaben gehört aber insbesondere zum Verantwortungsbereich des Klägers. Er hat seine Praxisangestellten entsprechend zu schulen und zu überwachen. Hierzu gehört auch die Kontrolle der Abrechnung und der erbrachten Leistungen. Der Kläger ist seiner Verantwortung nicht in vollem Maße nachgekommen ist, was er sich nunmehr zurechnen lassen muss. Von daher hat die Beklagte auch zu Recht keine Ausführungen zu LZ 601 Satz 8 HVM gemacht, wonach in begründeten Ausnahmefällen die Korrekturfrist verlängert werden kann. Von daher sind die hier maßgeblichen Regelungen im HVM der Beklagten auch unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 1 GG verhältnismäßig.
Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Klage daher abzuweisen.
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