Leitlinie bei OPh-Vergiftung 2008

MCS/CFS durch Insektizide im Arbeitsbereich; Forschungsstudie der Universität Barcelona

link zu Norddeutschen Leukämie- und Lymphomstudie (2003)

Neuere Forschung ( Basisstudien aus USA), die zum Chlorpyrifos-Verbot geführt haben (Englisch)

Toxizität von Insektiziden (Sammlung)

link zu Organophosphatwirkungen

Chronische Wirkungen/ Verzögerte Folgen/ Späte neuro-logische/ neuropsychologische Folgen von Oph-Expositionen (historisch)
Sarin, Tabun, Soman VX, Lost, Dichlorvos, Chlorpyrifos, Dursban, Lorsban,etc.

Pschyrembel: Copyright ©1999 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG
Cholin|esterase|hemmer: syn. Cholinesteraseinhibitoren; indirekt wirkende Parasympathomimetika*, die durch Hemmung des Enzyms Cholinesterase die Acetylcholinwirkung verlängern;
1. reversible Ch. (z. B. Neostigmin, Physostigmin): Verw. bei Myasthenia gravis pseudoparalytica u. a.;
2. irreversible Ch.: Phosphorsäureester*; Verw. v. a. in Insektiziden, daher überwiegend von toxikol. Bedeutung.
(deutsch) Cholinesterasehemmer
(englisch) cholinesterase inhibitor, acetylcholinesterase inhibitor, anticholinesterase.


Literatur:
Perkow, 1956, (220); 2.Aufl. 1968 (282) Dichlorvos kann die gesamte " Befehlsübermittlung" stören, exzessive Erregungen und später Lähmungen verschiedenster Art sind die Folge, wobei Darmtätigkeit, Atmung und Blutdruck,.und weitere Funktionen in Mitleidenschaft gezogen werden. Versagen des Atemzentrums im Gehirn ist Todesursache.

Petty, CS Am.J.Med, 24, 467-470, 1958: Organic Phosphate insecticide poisoning, Manchmal sind die Effekte der Nervenschäden irreversibel oder andauernd

Gershon, S. Shaw, F.H. : Psychiatric Sequelae of Chronic Exposure to Organophosphorous Insecticides , Lancet, i: 1371-1374, 1961;
Persistierende Vergiftungszeichen sind: Polyneuritis, Nystagmus, Fieber, Ataxie, Tremor, Parästhesien, Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen, Gedächtnisschwund, Tinnitus, Schlafstörungen, exzessives Träumen, Somnambulismus, Benommenheit, Nachlässigkeit, Müdigkeit, emotionale labilität, Konfusion, Konzentrationsschwäche Rastlosigkeit, Angstge-fühle, Depression, schizophrene Reaktionen.

Gershon und Shaw 1961 16 Fälle von Oph-Vergiftungen, 1-10 Jahre später/8 mit Gedächt-nisstörungen, 7 mit Depression/ 6 mit Konzentrationsstörungen, 5 mit schizophrenen Reaktionen, 4 mit Kopfschmerzen, 4 mit Reizbarkeit.

Klimmer, O.R. Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfungsmittel, Hundt-Verlag, Hat-tingen 1964
S. 31: Zum Teil entstehen erst im Körper die wirksamen Stoffe durch chemischen Umbau. Wir kennen akute und subakute, durch längere Einwirkungen hervorgerufene Vergiftungen. Bei den infolge fahrlässiger Anwendung aufgetretenen Vergiftungsfällen handelt es sich manchmal um eine kombinierte Einwirkung mehrerer Stoffe.
S.32: Die organischen Phosphorverbindungen besitzen zum Teil eine hohe Giftigkeit, und je nach ihrer Resorbierbarkeit durch die Haut (Lösungsmittel!) und Flüchtigkeit eine mehr oder weniger große Gefährlichkeit. Im allgemeinen spielt bei gewerblichen Vergiftungen die Ein-atmung eine geringere Rolle als die Hautresorption. S. 45: Subakute Vergiftungen durch Oph sind möglich, wenn auf Grund von in kurzen Abständen mehrfach erfolgter Aufnahme eines oder mehrerer Stoffe die Cholinesterase im Körper allmählich soweit blockiert wird, daß dann, auch nach beendigung der Arbeit, die typischen klinischen vergiftungserscheinungen plötzlich und lebensbedrohlich auftreten. Es handelt sich hier nicht um die Kumulation der Oph, sondern des physiologischen Effektes dieser Stoffe.... Die gleichzeitige Aufnahme mehrer Oph kann nicht nur zu additiven, sondern bei einigen Stoffen auch zu Superadditiven ( potenzierenden ) Wirkungen führen ( Lähmungen entgiftender Enzyme durch die weiteren Stoffe). ..Eine weitere Gefahr der schweren vergiftung durch Oph besteht in den Folgen einer eventuell lang anhaltenden Anoxie, vor allem des Zentralnervensystems.

Faerman 1967 asthenovegetatives Syndrom , generalisierte länger andauernde Toxizität

Metcalfe/Holmes 1969/ 56 Fälle von Oph-Vergiftungen/ durchschnittlich nach 6 Jahren Ge-dächtnisstörungen, Depression, Konzentrationsschwierigkeiten, Nervosität/Reizbarkeit, Seh-störungen, Muskelschmerzen

Tabershaw und Cooper 1966/ 114 Fälle von Oph - Vergiftungen / 3 Jahre später/ 7 mit persistierenden Kopfschmerzen, 6 mit Sehstörungen, 5 mit Nervosität/ 22 mit Empfindlichkeit gegenüber Chemikalien

Faerman 1967, Andauernde Toxizität, Veränderungen im menschlichen EEG(1978)

Brown, V.K., Solubility and solvent effects as ratedetermining factors in percutaneous toxicities of pesticides; S.O.I. Monograph No. 29, Society of Chemical Industry, London S.W.1, 1968)

Ishikawa 1970; Bericht über Folgen chronischer Oph-Exposition, "seltsame Saku-Erkrankung", Folge Oph-Exposition, Ambliopie, Gesichtsfeldeinschränkung, Astigmatismus, Mydriasis, erhöhter intraokulärer Druck, optische Neuritis.

Watanabe 1972 Chronischer Effekt von Oph-Exposition: Hypertension

Harmon et al 1975/Fallbericht 2 Jahre später Erregbarkeit, emotionale Instabilität

Duffy, F.H. Burchfiel, J.L., 1980 Chronische neurologische Langzeiteffekte von Sarin im EEG bei Affen und Menschen ( Neurotoxicology, 1. 667-689, 1980)

BMVg-FBWT 79-2 Chemie , Schreiber, Müller- Baumert, Schoene: Oph bewirken systemische Intoxikation, nicht wahrnehmbare Hautpenetration, Hautschutzsalben haben penetrationsfördernde Wirkung

Estler, Lehrbuch der allgemeinen und systematischen Pharmakologie und Toxikolo-gie, 1983,(573)
Organophosphate besitzen sehr hohe Systemtoxizität für Mensch und Tier; die stark lipophilen Agenzien werden enteral, respiratorisch, und sogar perkutan gut resorbiert. Ihre Permeierfähigkeit wird durch Emulgatoren und andere Formulierungsstoffe in den handelsüblichen Produkten wesentlich gefördert.

Klimmek,R., Szinicz, L., Weger,N., Chemische Gifte und Kampfstoffe, Stuttgart Hippo-krates-Verlag 1983 ( Auszüge)
a.a.O.: Der Acetylcholinstau bestimmt im wesentlichen das Vergiftungsbild, das sich phar-makologisch in muskarinartige (durch Atropin hemmbare) und nikotinartige ( durch Atropin nicht hemmbare) Effekte differenzieren läßt. Die Hemmung der Cholinesterasen ist nach heutiger Kenntnis für die Symptomatik unwesentlich. ..
Wenn sich ein Nervenkampfstoff ähnlich dem Acetylcholin ( statt des Acetylcholins) an das aktive Zentrum der Cholinesterase angelagert hat, verläuft die spontane Reaktivierung äu-ßerst langsam ( Halbwertszeit 108 Tage) , so daß man von einer chemisch zwar reversiblen, biologisch aber irreversiblen Hemmung der Cholinesterase sprechen kann. Die Elimination des Giftes aus dem Körper ist quantitativ bedeutungslos. Chronische Exposition hat daher eine Kumulation der Organophosphate im Organismus durch kovalente Bindung an die Cholinesterasen zur Folge . ..
a.a.O. Unter "Alterung" versteht man die Ausbildung einer biologisch irreversiblen kovalenten Bindung zwischen dem Phosphoratom des Inhibitors und der esteratischen Stelle der Choli-nesterase. Ein Oxim, das auf eine so "gealterte" Verbindung trifft, kann dort nicht mehr als Reaktivator wirken.
a.a.O.: Wiederholte oder schleichend verlaufende chronische Vergiftungen mit sehr geringen Dosen, z.B. infolge Unterlassens der Dekontamination, führen erst nach Ablauf einer Kumulationszeit von Stunden oder Tagen zu plötzlichen lebensgefährlichen Situationen.
a.a.O: Die Bestimmung der ChE-Aktivität im Blut kann bei schweren Vergiftungen sinnvoll sein. ..Ihr Wert ist umstritten, da zwischen dem Vergiftungsgrad und den Änderungen der Symptome einerseits und der ChE-Hemmung im Blutplasma oder in den Erythrozyten andererseits keine strenge Korrelation nachgewiesen wurde. Eine Senkung der ChE-Aktivität gibt lediglich die Gewißheit, daß eine Vergiftung mit Nervenkampfstoffen vorliegt.

Senanayake, N. N.Engl.J.Med, 316 1987: Manche Menschen weisen eine verzögerte Symptomatik auf, die Wochen nach einer Exposition erscheint. Mit jeder erneuten Exposition verschlechtert sich die Person graduell, während die Medizin überrascht zu sein scheint. In diesem Zustand kann jede neue Chemikalie oder Droge, auch ein einfaches Aspirin oder eine Schmerztablette finaler Schlußstrich für das Detox- System des Körpers sein, und plötzlich steht man vor einem vollendeten Fall von E.I. (environmental illness) mit Reaktionen auf alles ( Interaktion zwischen Acetaminophen und Organophosphaten bei der Maus, Res.Comm. in Chem.Pathol. and Pharm., 44, 1984, Costa, L. ).

Savage et al 1988/ 100 Fälle und Kontrollen/ durchschnittlich 9 Jahre später/ Patienten schnitten schlechter ab bei; wissenschaftlichen Fähigkeiten, motorischen Fähigkeiten, Abs-traktionsvermögen, Flexibilität im Denken, Gedächtnis, Depression, Reizbarkeit, Zurückge-zogenheit, Verwirrtheit.

Karalliede und Senanayake 1989, U.S.Kongress, Office of Technology Assessment 1990, : Einige mit einer Gruppe von Oph. Vergiftete Personen zeigen bleibende Auswirkun-gen auf das Neuronenverhalten.

WHO 1990:Von den Pestiziden Parathion, Mevinphos (Phosdrin) und Malathion wird häufig berichtet, daß sie gesundheitliche Probleme verursachen. Fallberichte und Studien akuter Vergiftungen von Landarbeitern und anderen Arbeitern zeigen, daß vier bis neun Prozent der akut vergifteten Personen verzögerte oder persistierende neurologische und psychische Wirkungen zeigten."

Rosenstock et al 1990 Fallbericht 2 Jahre später: schwere Gedächtnisstörung, Persönlich-keitsveränderung, Denkstörungen, Verwirrtheit, Depression

Rosenstock et al 1991, The Lancet 338, 27.07.1991, S. 224: 36 Fälle und Kontrollen durch-schnittlich 2 Jahre später: Patienten schnitten schlechter ab bei: audiovisueller Aufmerksam-keit, visuellem Gedächtnis, visomotorischen Fähigkeiten, Standsicherheit, Geschicklichkeit.

Eyer, P , Walter - Straub -Institut für Parmakologie und Toxikologie der L.-M.- Univer-sität München (Bei Rheinisch-landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, Düsseldorf)
Zur Frage neuropsychopathologischer Veränderungen durch Oph, München 1993,
Wirkungsmechanismus, Frühsymptome, Spätsymptome, OPIND, Neuropsychologische Spätfolgen, Neuro-psychologische Effekte nach Exposition ohne akut wahrnehmbare Giftwirkung
"Wiederholte Episoden mit Oph-induzierter Erkrankung und zweifelsfreier Symptomatik cho-linerger Überfunktion scheint mit neuropsycho-pathologischen Veränderungen über einen längeren Zeitraum hinweg assoziiert zu sein".

Wurfel et al 1993
Es wurde gezeigt, daß Chlorpyrifos bei Ratten Hyperreaktivitäten (Kindling) der Amygdala produzieren konnte. So ist die wiederholte Exposition gegeb Oph-Pestizide mit einer Abnahme der cholinergen Muscarinrezeptoren im Gehirn und in peripheren Geweben verbunden. Diese Abnahme scheint eine Rolle bei der kognitiven Dysfunktion nach Oph-Exposition zu spielen.


Studie "Kombinationswirkungen" für die Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages
- 1993 -H. M.Bolt, G. Westphal, F. Riemer

Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund
Ardeystr. 67, 44139 Dortmund

(Organophosphatrelevante Auszüge aus 159 Seiten der Studie)

Nichtkompetitive Enzymhemmung

Antagonisierende Effekte auf enzymatischer Ebene können auch andere Charakteristika haben. Hier wäre die nichtkompetitive (irreversible) Hemmung zu nennen. Es kommt hierbei zu einer Inhibition von Enzymen durch die irreversible Bindung von Stoffen an den aktiven Zentren der Proteine. Auf diese Weise wird deren Funktion blockiert. Der toxische Effekt der Organophosphate (Pestizide, Kampfstoffe) beruht auf einem solchen Mechanismus. Diese Stoffe werden irreversibel an das aktive Zentrum der Acetylcholinesterase gebunden. Infolge der Inhibition kann der Neurotransmitter Acetylcholin nicht abgebaut werden, und es kommt zu einer endogenen Acetylcholinvergiftung. Abhängig vom Ausmaß der Enzyminhibition können schwere Intoxikationen auftreten. Der Begriff "irreversibel" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf physiologische Bedingungen.
Eine detaillierte Darstellung möglicher Wechselwirkungen von Fremdstoffen durch die Veränderung der katalytischen Eigenschaften von Enzymen findet sich bei Eisenbrand et al. (1988).

Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystem
Viele chronisch-toxische Effekte auf das Nerven-system werden bislang in ihrer Pathogenese noch nicht gut verstanden. Schwere schädigende Wirkungen auf das Nervensystem sind von orga-nischen Lösungsmitteln, Blei und Organophosphaten bekannt. Frühe Parameter für Schädigungen des Zentralnervensystems (manifestiert z. B. durch Schlafstörungen, Überfunktion der Schilddrüse, neurasthenische und vegetative Erscheinungen) können vielerlei Ursachen haben und sind in der Regel schwer quantifizierbar.
Potentielle neurotoxische Expositionen gegen Lösungsmittelgemische sind vor allem am Arbeitsplatz möglich. Chronisch-toxische Effekte (auch irreversibler Natur) können nach chronischer Lösungsmittelbelastung auftreten. An industriellen Arbeitsplätzen treten Misch-expositionen mit Lösungsmitteln relativ häufig auf. Wirkungspotenzierungen durch Interaktionen wurden insbesondere bei den narkotischen Lösungsmittelwirkungen auffällig (Murti, 1987). Additive Lösungsmitteleffekte können theoretisch angenommen werden, wenn identische Wirkungs-mechanismen vorliegen.Es wurden jedoch wiederholt neurotoxische Effekte (Kurzzeitgedächtnis, Reaktionszeit, periphere Neuropathie) bei Misch-expositionen gegen Lösemittel beschrieben.
Synergistische und potenzierende neurotoxische Effekte sind experimentell für mehrere Lösungsmit-telkombinationen, auch bei relativ niedrigen Expositionen gezeigt worden.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß experimentell in Verbindung mit Ethanol potenzierende Verhaltenseffekte beobachtet wurden. Synergistische (überadditive) Effekte wurden des weiteren bei Menschen nach simultaner Exposition gegen n-Hexan und Methylbutylketon (periphere Neuropathie) und 2-Butanon und 2-Hexanon (Polyneuropathie) beschrieben. Eine neue Dokumentation von Kombinationswirkungen bei neurotoxischen Lösemitteln findet sich bei Holmberg (1993).

Müller-Mohnssen, H., 01.03.1994
Für Organophosphate und Carbamate gibt es ausgesprochene Spezialisten: die Toxikologen der Bundeswehr. Die Literatur über Organophosphate geht in die vielen Tausend. Aus dem Stegreif erhielt ich folgende Auskunft: Die Gefahr, daß eine Organophosphat-Intoxikation neben akuten Neuropathien ( Sofortwirkung) auch subakute (intermediate, 2.bis 3.Tag) und chronische Neuropathien mit irreversiblen Residuen ( ab dem 14.Tag) hervorrufen kann, ist seit Jahrzehnten bekannt, sicher vor 1980.

Corrigan et al, 1994: Die Organochlorverbindungen beeinträchtigen auch die Gaba- gesteuerte neurale Hemmung.

Adamec, 1994 Eine Oph-Verbindung hatte bei Katzen eine nachhaltige Störung und Schädigung von Affekt und Verhalten zur Folge

Rosenstock et al 1994/ 128 Fälle und Kontrollen, durchschnittlich 5 Jahre später: Patienten schnitten schlechter ab bei : visueller Aufmerksamkeit, Stimmung, Verwirrtheit und Anspan-nung

Marquardt ( Lehrbuch) 1994( S. 463): Nach einer Substitutenabspaltung wird das Enzym biologisch irreversibel gehemmt.

Gunes, I. et al. 1994 Klassische verzögerte Neuropathie, verursacht durch chemische Modi-fikaton der Esterasen (neuropathy target esterase NTE) beginnend 10-14 Tage nach der Exposition, persistiert für das ganze restliche Leben. Ungefähr 2 % der Opfer erholen sich innerhalb eines Jahres. Es war möglich, in Tierversuchen bei SPECT-Untersuchungen Perfusionsdefizite zu zeigen, die zu Beginn der Vergiftung wesentlich deutlicher waren.

Ecobichon 1994
Organophosphate und neurologische Erkrankungen: " In der medizinischen Literatur gibt es genügend persönliche Berichte mit Informationen über anhaltende und schwerwiegende Beschwerden, die von sechs Monaten bis zu mehreren Jahren und möglicherweise auf Dauer bestehen.

Jamal, G.A. 1995: Longterm neurotoxic effects of organophosphate compounds. Toxicology Review 14, 85-99, 1995

Harefuah 1995 Dec 1;129(11):507-11 [Late effects of organophosphate poisoning on the heart]. [Article in Hebrew] Lev E, Roth A, Hendler I, Tur-Ksapa I Publication Types: Review Review, tutorial PMID: 8846964, UI: 96204749

Behan, P.O, 1996 Universität Glasgow, Forschungsbericht über 10 Patienten, 1996 : CFS als verzögerte Reaktion auf chronische niedrig-dosierte Organophosphatexposition: Neurologische Spätsymptome und CFS sind identisch, beide haben dieselbe Ursache

Behan, P. O. MD, DSc, FACP,(Glas), Universität Glasgow, Institut f.Neurologie, 01-26-BEHA-96-028, Chronic Fatigue Syndrome As A Delayed Reaction To Chronic Low Dose Organophosphate Exposure;

Blondell, J. 1997, Dobozy,V.A. : US-EPA Memorandum zu Oph (Chlorpyrifos) Umfassende Aufarbeitung, Statistiken, Datenbankrecherchen, Fallberichte, Literatur, epidemiologische und Fallstudien zu akuten und chronischen , irreversiblen Wirkungen, Deutsche Übersetzung Bundessprachenamt Referat SM II 2, D3688

Holzberg, S., (Gutachten unveröffentl.) Pathologie, München 1997:

Daß Phosphorsäure-Ester als lipophile Substanzen aber auch die Haut leicht penetrieren, und damit in den Körper aufgenommen werden, ist ebenfalls gut belegt. BROWN hat 1968 eine entsprechende Arbeit, die sich speziell mit Pestiziden befasst, vorgelegt.( Brown, V.K., Solubility and solvent effects as ratedetermining factors in percutaneous toxicities of pesticides; S.O.I. Monograph No. 29, Society of Chemical iIndustry, London S.W.1, 1968)
..Auch das Lösungsmittel bzw. die Trägersubstanz hat nachhaltigen Einfluss auf die Resorp-tionsfähigkeit der Haut. Werden die Phosphorsäre-Ester in Aceton oder Wasser gelöst, hat das kaum einen verstärkenden Effekt auf die Aufnahme, Xylol oder Dimethylsulfat aber stei-gern auf das 3-4-fache. Viele Hautcremes und Seifen steigern erheblich die Aufnahmefähigkeit der Haut für lipophile Insektizide.

Heuser, G., Mena, I., Neurospect bei Auftreten von Langzeitfunktionsstörungen aufgrund einer Belastung mit neurotoxischen Chemikalien; Toxicology and Industrial Health, Vol. 14,No.6, 1998 ( Bundessprachenamt- Ref SM II 2 E 2556).
Die Auffälligkeiten wurden Monate und Jahre nach Wegfall der neurotoxischen Belastung festgestellt.

Elsner, G. 1999 Institut f.Arbeitsmedizin, Med. Universität Frankfurt/M.(Gutachtenauszug, unveröffentl.) : Als chronische Schäden nach Intoxikation mit Oph werden in der Literatur beschrieben: Reduktion der Konzentrations-fähigkeit, Beeinträchtigung des abstrakten Den-lens, Einschränkung der Gedächtnisleistung, (Rosenstock et al 1991), Schlafstörungen, all-gemeine Schwäche und Müdigkeit, emotionale Labilität, Depressionen ( Savage et al 1988, Steenland et al 1994) und Schwindel ( London, L., Nell V., Thompson M.-L., Meyers J.E.,: Effects of Longterm Organophosphate Exposure on Neurological Symptoms, Vibration Sense and Tremor among South African Farm Workers , Scandinavian Journal of Environ-mental Health 24 (1998) S. 18-29.)

Diese chronischen Beeinträchtigungen sind insbesondere von Chlorpyrifos und Dichlorvos bekannt ( Sherman 1995)

Elsner, G. , 1999 (unveröffentl.) Institut f.Arbeitsmedizin, Universität Frankfurt/M. 1999:
"Chlorpyrifos, Dichlorvos und Malathion. Diese Stoffe wirken als Cholinesterasehemmer. Pyrethrum war ein weiterer häufig eingesetzter Stoff. Pyrethrum gehört zur Stoffklasse der Pyrethroide. Diese hemmen u.a. den Abbau der Cholinesterase-hemmer und bewirken so eine Wirkungssteigerung der Organophosphate. Die eigene akute toxische Wirkung der Pyrethroide wird um den Faktor 100 geringer als diejenige der Organophosphate eingeschätzt (Leng 1998). Deshalb werden in diesem Gutachten die Pyrethroide als Wirkungsverstärker, aber nicht als eigentliche Ursache der gesundheitlichen Beeinträchtigungen von .. betrachtet."


Zusammenfassend (englisch) historisch und aktuell (2000):
Rev Environ Contam Toxicol 2000;163:29-111 Blood cholinesterases as human biomarkers of organo-phosphorus pesticide exposure. Nigg HN, Knaak JB Citrus Research and Education Center, University of Florida, Alfred 33850, USA.



Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeits-medizin: GESTIS-Stoffdatenbank Auszug:
Vergiftung mit Chlorpyrifos/Dichlorphos (wahrscheinlich kombiniert: inhalativ/oral) traten bei einem 16-jährigen Mann folgende Symptome auf: Bauchkrämpfe, Durchfall, Schwäche und Koordinationsstörungen in den unteren Extremitäten; ab 7 Tage später: Wadenkrämpfe, Muskelatrophie an den Armen, Gewichtsverlust.
Ein Suizidversuch mit 300 mg C./kg KG (als 41%ige Formulierung) führte bei einem 42-jährigen Mann zu einem ähnlichen Vergiftungsablauf. Nach einer Latenzzeit von mehreren Stunden: Bewußtlosigkeit, Zyanose, keuchender Atem, unwillkürlicher Abgang von Urin und Faeces, Tränen- und erhöhte Speichel- sowie Lungenflüssigkeitsabsonderung, Pupillen-verengung, Muskelzucken; EEG-Veränderungen, Bronchopneumonie, fehlende(!) Plasma ChE-Aktivität nach 36 h.
Über eine lokale Reizwirkung wurde nicht berichtet. Nach zwischenzeitlicher Erholung infolge Intensivtherapie entwickelten sich ab 43. Tag Symptome einer Organophosphat induzierten verzögerten Polyneuropathie (OPIDN): Schwäche und Lähmungserscheinungen in den Beinen, Reflex-verlust, partieller Funktionsausfall der Bein-muskeln.
In einem neueren Übersichtsreferat wurde konstatiert, daß die OPIDN, die eine Schädigung der (insbesondere) langen Nervenstränge verursacht, nur durch sehr hohe C.-Dosen ausge-löst werden kann und in den meisten Fällen nur die cholinergen Wirkungen (muskarin- und nikotinartige Symptome) sowie zentralnervöse Effekte ausgelöst werden, die i.a. vollkommen reversibel sind (str.!!).

New Jersey Department of Health and Senior
Services
HAZARDOUS SUBSTANCE FACT SHEET
US-Sicherheitsdatenblatt (Auszug)
Common Name: CHLORPYRIFOS
CAS Number: 2921-88-2
DOT Number: NA 2783
-------------------------------------------------------------------------
HAZARD SUMMARY
Chlorpyrifos can affect you when breathed in and by passingthrough your skin.
C. ist gesundheitsschädlich bei Einatmen und bei Eindringen durch die Haut
Exposure to Chlorpyrifos can cause organophosphatepoisoning with headache, sweating, nausea and vomiting,diarrhea, loss of coordi-nation, and even death.
Exposition verursacht Vergiftungserscheinungen mit Kopfschmerz, Schwitzen, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Koordinationsverlust und auch Tod.

Chlorpyrifos may damage the nervous system and liver.
C. kann Nervensystem und Leber schädigen


Frankfurter Rundschau , 15.06.2000, S.42

USA bannen in Deutschland gebräuchliches Nervengift

Amerikanische Umweltbehörde schätzt Risiko des Insektizids Chlorpyrifos für die menschli-che Gesundheit als zu hoch ein.


DÄBl./DÄVerlag, Nachrichten v. 12.09.2000 Pestizide könnten Hirnfunktionsstörungen auslösen LONDON. Personen, wie Landwirte und Gärtner, die oft Pestiziden ausgesetzt sind, haben wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko, eine minimale Hirnfunktionsstörung (MCV) zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis kommen Hans Bosma und Mitarbeiter von der Universität Maastricht, Niederlande, im Lancet vom 9. September aufgrund von Daten der prospektiven Maastricht Ageing Study über kognitive Veränderungen während des Alterns.

Aktuelle Meldungen vom 15.05.2000
Erhöhen Pestizide das Risiko für Parkinson?
Studie in den USA
Schädlingsbekämpfungsmittel
55. Jahrestreffen der American Academy of Neurology in San Diego/ veröffentlicht .
Die Wissenschaftler um Lorene Nelson von der Stanford University School of Medicine be-fragten 496 Parkinson-Patienten nach dem Gebrauch von Pesitiziden in der Vergangenheit. Dabei zeichneten sie genau auf, wann die Patienten erstmals von Schädlingsmitteln Gebrauch machten und mit den giftigen Substanzen hantiert haben. Die Daten der Parkin-son-Erkrankten haben die Forscher mit den Angaben von 541 gesunden Menschen vergli-chen. Das Ergebnis: Die Parkinson-Patienten waren in der Vergangenheit wesentlich öfter mit Insektiziden in Berührung gekommen.
Ein erhöhtes Risiko besteht offenbar auch für Menschen, die Unkraut im Garten mit der chemischen Keule vernichten. Insektizide, die im Garten eingesetzt werden, und Funigizide gehören den Ergebnissen zufolge jedoch nicht zu den Risikofaktoren.
Die für die Parkinson-Krankheit typischen Bewegungsstörungen werden durch zerstörte Ner-venzellen in der Substantia nigra, einer Region des Mittelhirns, verursacht. Die Forscher vermuten, dass bestimmte Schädlingsbekämpfungs-mittel in dieser Region Nerven- oder Gehirnzellen schädigen und der Entwicklung der Krankheit Vorschub leisten. Die genauen Zusammenhänge sind allerdings ungeklärt (??).

[Quelle: Bild der Wissenschaft online)

Kuklinsky, Rostock:
Chlorpyrifos
Diese dreifach chlorierte Pyridilverbindung wird oral, dermal und inhalativ aufgenommen. Seine Halbwertszeit beträgt im Boden ca. zwei bis vier Monate, im Fettgewebe ca. 3 Tage. Die dermale Resorption über die Haut wird durch Lösemittel wie Xylole, Toluole (in der Raumluft fast ständig nachweisbar) gesteigert.
Der Abbau erfolgt über Cytochrom P 450-Monooxygenasen oxidativ und durch hydrolytische Spaltung mittels Esterasen. Glutathion-S-Transferasen katalysieren die Demethylierung aus dem Phosphorsäureester. Bei der Desulfurierung entstehen toxische P=O-Metabolite. Vom radikalischen N-Atom des Pyridilringes gehen ähnlich toxische Wirkungen wie vom Paraquat aus (radikalische Wirkung).
Subzelluläre Auswirkungen sind.
1. Phosphorylierung des Serins der Acetylcholinesterase mit initial reversibler, dann
irreversibler Hemmung
2. Direkte Radikale-Wirkung (oxidativer Streß)
3. Hemmung von Carboxyesterasen. Damit Hemmung des Pyrethroidabbaus im Organismus und direkte neurotoxische Wirkung auf Axone der Nerven
4. Oxidation des Flavoproteins NADPH-Cytochrom P 450-Reduktase, damit Hemmung der Synthese des bronchialen Surfactant-Faktors, der GSH-Reduktase und der Fettsäurensyn-these
5. Acetylcholinanreicherung im Hirn, den autonomen Nerven und motorischen Endplatten mit reaktiv verstärkter Freisetzung von Serotonin und Katecholaminen in den Synapsen des Hirns
Klinische Auswirkungen sind:
1. Neurotoxische Wirkungen besonders in Kombination mit Pyrethroiden mit (bis 8 Wochen) verzögert auftretender aufsteigender Polyneuropathie, Nervenlähmung bis hin zur Paralyse, Tremor, unscharfes Sehen. Ein Frühsymptom sind Schmerzen im Bereich der Lendenwirbel-säule
2. Immuninsuffizienz
3.. Multiorganerkrankung durch Glutathionverlust
4. Bronchiale Hyperreagibilität mit Bronchialkonstriktion und Luftnot
5. Blutdruckanstieg, -abfall, Tachykardien
6. ZNS: Monatelange gesteigerte Erregbarkeit, Unruhe, Angstattacken, Benommenheit, Schlaf-, Sprachstörungen, Depressionen, Krämpfe, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Schweißausbrüche, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
7. Verdauungsorgane: Bauchschmerzen, -krämpfe, Diarrhoen, Nausea und Emesis
8. Harnwege: Pollakisurie
9. Muskulatur: Übererregung, Faszikulieren, Fibrillieren
Die Toxizität erhöht sich bei Selendefiziten. Diese sind bei Deutschen ubiquitär. Optimal-Serumspiegel von > 120 µg/l finden sich selten.



[Occupational poisoning with psychiatric manifestations].
Candura SM, Butera R, Gandini C, Locatelli C, Tagliani M, Fasola D, Manzo L
Abteilung Präventivmedizin Universität Pavia
Dipartimento di Medicina Preventiva, Universita degli Studi di Pavia.

Numerous occupational intoxications (acute, chronic and their sequelae) may affect the central nervous system and result in a wide variety of neuropsychiatric effects, ranging from subtle behavioural disturbances to overt psychosis. Chemicals causing such manifestations include many metals and organometals (Hg, Mn, Pb, Al, Sn), pesticides (organophosphates), compounds utilised in the industrial setting as solvents or intermediates (carbon disulfide, hydrocarbons and their halogenated derivatives), and combustion products (carbon monoxide). Some types of toxic insults may not be reflected in any clinical manifestation. However, this type of damage may render the brain more vulnerable to additional insult or accelerate physiological loss of neurones with ageing. Thus, occupational exposures to chemicals (Al, Pb, organic solvents) might be involved in the causation of neurodegenerative diseases--such as Alzheimer's disease--which are usually labelled as "idiopathic". A careful occupational anamnesis is crucial to diagnose work-related psychiatric manifestations and--consequently--to interrupt the toxic exposure, to start therapy, and to promote insurance compensation.

Publication Types:
· Review
· Review, tutorial

PMID: 10771760, UI: 20234255


Triebig-Lehnert Neurotoxikologie, Gentner Verlag Stuttgart 1998, S. 94

Toxikologische Substanzen, für die eine kausale Beziehung zum Auftreten einer PNP als gesichert gelten kann ( nach SCHAUMBURG 1994):...Organische Phosphorester..

Der Nervenarzt
ISSN: 0028-2804 (printed version)
ISSN: 1433-0407 (electronic version)
Table of Contents
Abstract Volume 72 Issue 7 (2001) pp 541-545
ergebnisse und kasuistik: Ein Patient mit Golfkriegssyndrom?
Zur Diskussion eines unklaren Krankheitsbildes
Gulf War syndrome? Discussion of an unclear case
F. Leweke (1), W. Milch (1), B. Brosig (1), C.R. Hornig (2), R. Klett (3), C. Reimer (1)
(1) Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Justus-Liebig-Universität Gießen
(2) Neurologische Klinik, Klinikum Weilmünster gGmbH
(3) Abteilung für Nuklearmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen
Zusammenfassung
Das Golfkriegssyndrom umfasst neurologische und neuropsychologische Auffälligkeiten bei Veteranen des Persischen Golfkrieges. Die Symptomatik ist vielgestaltig und konnte bislang keinem bekannten Krankheitsbild zugeordnet werden. Als Ursache wird vorrangig eine Exposition mit neurotoxischen Substanzen wie Organophosphaten im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen vermutet.
Wir berichten über einen 29-jährigen Mann, der unter erheblichen Gedächtnis- und Orientie-rungsstörungen sowie Doppelbildern litt. Aus der Fremdanamnese gingen zahlreiche Front-einsätze 1990 und 1991 als Fremdenlegionär im Golfkrieg hervor. Die körperliche Untersu-chung ergab eine komplexe Augenmotilitätsstörung sowie einen unerschöpflichen horizonta-len Blickrichtungsnystagmus beidseits. Die frühen akustisch evozierten Potenziale enthielten Hinweise für eine Funktionsstörung auf Hirnstammebene, während die kognitiven Störungen eine Entsprechung in den ereigniskorrelierten Potenzialen (P 300) hatten. Die bildgebende Diagnostik blieb ohne nennenswerten patho-logischen Befund. Testpsychologische Untersu-chungen objektivierten die erheblichen Störungen der Merk- und Erinnerungsfähigkeit, der Lernfähigkeit und des psychomotorischen Tempos. Eine stationäre psychosomatische Langzeit-beobachtung schloss ein dissoziatives Phänomen im Rahmen eines kriegstraumatischen oder konversions-neurotischen Geschehens aus.
Unseres Wissens nach handelt es sich bei dieser Kasuistik um die erste Beschreibung eines Golf-kriegssyndroms in Deutschland. Der aktuelle Stand der Literatur wird dargestellt.
Schlüsselwörter Golfkriegssyndrom · Neurologische Funktionsstörungen · PET · Amnesie
Sensibilisierung

Ronald Zech Entgiftung von Organophosphaten durch Phosphorylphosphatasen und Ethanolamin
Kurztitel: Organophosphatentgiftung

Schriftenreihe der Schutzkommision beim Bundesminister des Innern
Herausgegeben vom Bundesverwaltungsamt - Zentralstelle für Zivilschutz -
im Auftrag des Bundesministerium des Innern
Neue Folge Band50 © 2001 by Bundesverwaltungsamt - Zentralstelle für Zivilschutz - Bonn
Satz und Druck: Druckhaus Dresden GmbH
http://www.bzs.bund.de/bzsinfo/broschur/zsforschung/band_50.pdf

Das Organophosphat wird an das aktive Zentrum angelagert und der acide Rest X wird als XH abgespalten (p-Nitrophenol im Falle des Paraoxon, HF im Falle von DFP, Sarin und Soman, HCN im Falle von Tabun). Bei der Abspaltung des aciden
Restes wird der Dialkylphosphatrest vom Serin übernommen und dadurch die Esterase phosphoryliert. Im Unterschied zum acetylierten Enzym wird das phosphorylierte Enzym nicht hydrolytisch deacyliert. Die hydrolytische Freisetzung verläuft bei den phosphorylierten Cholinesterasen extrem langsam oder überhaupt
nicht. Durch die Alkylphosphorylierung ist die Acetylcholinesterase damit dem enzymatischen
Kreisprozess entzogen. Wegen der Analogie zum Reaktionsmechanismus werden kovalent (irreversibel) wirkende Inhibitoren auch als Selbstmord-Substrate (suicide substrates) bezeichnet.
Durch eine Organophosphathemmung der Acetyl-cholinesterase kommt es zu einer Überschwemmung des Organismus mit Acetylcholin (endogene Acetylcholin-Intoxikation) mit mehr oder minder charakteristischen zentralen und peripheren
Symptomen der akut-cholinergen Vergiftung (Tabelle 1).
Nikotinartige Wirkung Muskelschwäche
fibrilläre Zuckungen
tonisch-klonische Krämpfe
motorische Lähmungen
Muskarinartige Wirkungen Speichel- und Tränenfluss
Schweißausbrüche
vermehrte Bronchialsekretion
Bronchokonstriktion
Miosis
Nausea
Erbrechen
Diarrhoe
Bradykardie
Zentrale Wirkungen Angstgefühl
Kopfschmerzen
Ataxie
Krämpfe
Atemstillstand
Bei manchen Organophosphaten (DFP, Mipafox, Triorthocresylphosphat) kann es nach Überstehen der akut-cholinergen Vergiftungssymptomatik nach einer symptomenfreien Latenz von 2-3 Wochen zum Krankheitsbild der verzögerten chronisch-
neurotoxischen Organophosphat-Intoxikation kommen, deren hervorstechenden Symptome chronische irreversible Lähmungen sind; Tabelle 2 gibt einen Überblick.

Auslöser der chronisch neurotoxischen Symptomatik ist die Hemmung einer Carboxylesterase (EC 3.1.1.1) unbekannter physiologischer Funktion; sie wird als Neurotoxicant-sensitive Esterase (NTSE oder NTE) bezeichnet; ihre Hemmung erfolgt
nach einem ähnlichen irreversiblen (kovalenten) Mechanismus wie bei der Acetylcholinesterase-Hemmung.
Der in Abb. 8 eingezeichnete Begriff "gealtert" bezeichnet das Phänomen, dass bei vielen Organophosphaten in der phosphorylierten Esterase ein Alkylrest vom Phosphatrest am Serin abgespalten wird; die gehemmte Esterase liegt dann nicht mehr als P-Triester, sondern als P-Diester vor, der praktisch nicht mehr reaktiviert
werden kann.
Tabelle 2: Symptome der chronisch-neurotoxischen, verzögerten Organophosphat-Intoxikation
Abbildung 8: Zielenzyme der Organophosphate bei der akut-cholinergen und der chronisch-neurotoxischen Wirkung

Sowohl die akut-cholinerge als auch die verzögert neurotoxische Organophosphatwirkung erfordern eine kovalente Hemmung einer Esterase. Im Falle der Acetylcholinesterase wurde bereits vor über 50 Jahren von MAZUR bei der Untersuchung
der DFP-Vergiftung von Kaninchen festgestellt, dass für die Hemmung der isolierten Acetyl-cholinesterase in-vitro wesentlich geringere DFP-Mengen bzw. DFP-Konzentrationen notwendig waren als bei einer DFP-Applikation an das intakte Tier. Diese ausgeprägte Differenz zwischen der in-vivo und in-vitro-Toxizität von Organophosphaten wurde auch an Affen gefunden.

Es entstehen pro Mol Organophosphat zwei Säureäquivalente, XH aus dem aziden Rest, d.h. der leaving group im Reaktionsmechanismus der Esterasehemmung wie sie in Abb. 7 dargestellt ist und Dialkylphosphorsäure, die keine Hemmwirkung
auf Cholinesterasen und die Neurotoxicant sensitive Esterase mehr besitzt.
Abhängig von dem jeweiligen Organophosphat und vom pH-Wert der Lösung kann die in Abb. 9 dargestellte Entgiftung auch spontan erfolgen. Im physiologischen pH-Bereich (7,3 bis 7,5) im Säugetierorganismus kommt der enzymatischen Entgiftung der Organophosphate (OP) absolut die größte Bedeutung zu.